Die Aktionswoche „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ vom 04.04. bis 09.04.2019

Niemand solle nach den vier Tagen sagen können, er habe von der Aktionswoche „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ nichts mitbekommen! Das war das von der Projektleiterin Theresa Mayer herausgegebene Credo!

Um dieses Ziel zu erreichen, und letztlich 70 Prozent der Mitglieder der Schulgemeinschaft dazu zu bewegen, mit ihrer Unterschrift zu bezeugen, sich aktiv gegen Rassismus und weitere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit – der Schwerpunkt lag auf Rassismus, Sexismus und Altersdiskriminierung – einzusetzen, wurde in dieser Aktionswoche von den Schülern und Schülerinnen einiges auf die Beine gestellt. So wurde jeden Morgen kurz nach Unterrichtsbeginn ein Podcast über die schulinterne Durchsageanlage abgespielt, in welchem eine der Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit anhand eines Beispiels und weiterer Erläuterungen thematisiert wurde. In den Pausen konnten die Schüler und Schülerinnen anhand informativer Plakate in der Aula und in den Gängen mehr über die Themen erfahren. Vor allem die Stationen, die aktives Handeln der Schüler und Schülerinnen erforderten, waren gut besucht: In der Rollstuhlpause konnte man erleben, wie es sich anfühlt, alt und gebrechlich zu sein, indem man einen Anzug anzieht, der die Bewegungsfähigkeiten einschränkt, eine Brille aufsetzt, die die Sehkraft schwächt, oder mit einem Rollstuhl, schiebend oder darin sitzend, einen Parcours bewältigt.

Ein weiterer Stand machte darauf aufmerksam, dass auch Sprache das Denken und die Wahrnehmung beeinflusst. Ein Beispiel aus Janoschs Traumstunde: „Jeden Morgen geht Schnuddelpapa zum Arbeiten, weil er der Vater ist“ zeigt die Betonung klassischer Rollenbilder. In einer Schülerbemerkung wurde dazu aufgerufen, die Entstehungszeit des Werks zu berücksichtigen.

Die „Fotobox“ wurde rege genutzt, hier konnte man sich fotografieren lassen. Aus diesen vielen Porträts wird entweder eine Art Daumenkino, das zeigt, wie vielfältig unsere Schülerschaft ist – ein Spiegel der Gesellschaft – oder eine Fotocollage erstellt, auf der aus den vielen verschiedenen Fotos ein neues Bild entsteht.

Die „Geschlechtertreppen“, eine in rosa, eine in blau, mit jeweils dem Geschlecht klassischerweise zuzuordnenden Gegenständen und Bildern ausgestattet, wiesen darauf hin, dass die gängigen Klischees in den Köpfen der Mehrheit vorhanden sind, denn die Schüler und Schülerinnen konnten jeweils ergänzen, was ihrer Meinung nach Männer bzw. Frauen zuzuschreibende Eigenschaften und Verhaltensweisen sind. Männer sind „ewige Kinder“, „Schweine“, Fußballfans“, konnte man dann also auf den Plakaten lesen. Frauen würden nie „alleine aufs Klo gehen“, „vernünftig einparken“, „öffentlich pupsen“. Die Beispiele zeigen, dass die geschlechtsspezifischen Klischees unverwüstlich sind, obwohl jeder weiß, dass auch Frauen Fußballfans sind, allein zur Toilette gehen und einparken können und es Männer gibt, die nicht einwandfrei einparken können, keine Fußballfans sind und ebenfalls nicht öffentlich pupsen.

Auch Courage war im Rahmen der Aktion Thema. Während einer Pause stritten und beschimpften sich ein Junge und ein Mädchen lautstark auf einem belebten Gang. Sie wollten testen, wie lange es dauert, bis jemand einschreitet und die Streitenden trennt. Der Aufmerksamkeit der Zuschauer waren sich die beiden gewiss, doch tatsächlich eingeschritten ist niemand. Auf die anschließende Frage, warum man nicht eingegriffen habe, antworteten die meisten, dass sie sich nicht sicher gewesen seien, ob das ernst gemeint sei. In einer Umfrage zum Thema Zivilcourage, bei der ein Großteil der Schülerinnen und Schüler unserer Schule befragt wurden, konnte herausgefunden werden, dass knapp einhundert Prozent der Schülerinnen Menschen in Notsituationen helfen würden und Hilfe erwarten, bei den männlichen Befragten allerdings sieht das Ergebnis anders aus: 75 Prozent der Jungen erwarten Hilfe und 67 Prozent der männlichen Schüler würden helfen.

An zwei Tagen boten Schüler und Schülerinnen vegetarische Snacks an, die sie selbst gebacken hatten. Außerdem wurden sogar alle nicht vegetarischen Gerichte aus dem Verkauf des Kioskes verbannt, was durchaus bei einigen für Empörung sorgte. Die Snacks sind weggegangen wie warme Semmeln und es ist zu keinen größeren Leistungsausfällen wegen fehlender Leberkässemmeln gekommen.
Eine Musikliste, die man über Spotify anhören konnte, ergänzte das breite Angebot. In dieser Liste waren Lieder versammelt, die sich mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auseinandersetzen, so zum Beispiel „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten, „Schüsse in die Luft“ von Kraftklub, „Boom boom boom“ von K.I.Z., „One Love“ von Bob Marley und viele mehr.

Viele weitere Aktionen ergänzten die „Couragetage“, auf den Fotos können Eindrücke davon gewonnen werden.

Im Geschichts- und Sozialkundeunterricht fand außerdem in jeder Klasse eine Unterrichtsstunde statt, die sich mit dem Thema „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ auseinandersetzte. Anregende und aufregende Diskussionen wurden geführt. Viele Schülerinnen und Schüler sind der Meinung, es gebe kaum noch Anlass, Diskriminierung zu thematisieren, denn jeder kenne eine Person, die Migrationshintergrund oder eine dunklere Hautfarbe oder eine von der Mehrheitsgesellschaft abweichende sexuelle Orientierung habe, doch für sie, die Mehrheit unserer Schülerinnen und Schüler, sei dies nicht ungewöhnlich und demzufolge die Thematisierung nicht notwendig. Schaut man sich aber die Nachrichten oder Kriminalstatistiken an, so kann man feststellen, dass die gewaltsamen Übergriffe auf Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens in Deutschland zunehmen, und beispielsweise der bayerische Landtag oder der Bundestag noch immer nicht paritätisch mit Männern und Frauen besetzt sind.

Es ist eine gute Nachricht, dass für die allermeisten Schülerinnen und Schüler Abweichungen von der Mehrheitsgesellschaft kein Grund sind, jemanden zu diskriminieren. Dass Minderheitenschutz keine Selbstverständlichkeit ist, erfährt man, sobald man die Zeitung aufschlägt. Dass es nicht selbstverständlich ist, in einer funktionierenden Demokratie zu leben, erfährt man ebenfalls, sobald man einen Blick in die Nachrichten wirft.

Der Schutz von Minderheiten ist ein Gradmesser für Demokratie. Wir wollen unser Scherflein dazu beitragen, dass Minderheiten geschützt und geachtet werden und die Demokratie erhalten bleibt.

Am Ende der vier bunten, arbeitsreichen, aufregenden und schönen Tage können wir feststellen, dass höchstwahrscheinlich kein Schüler nichts von den vielen Aktionen mitbekommen hat. Wir hoffen, dass wir die erforderlichen 70 Prozent der Unterschriften sammeln konnten und in ein paar Wochen im Rahmen eines Festaktes die Plakette „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ erhalten und dies feiern!
Allen Beteiligten danken wir sehr für das Engagement. Wir hoffen, dass nicht nur den Schülern und Schülerinnen der Arbeitsgemeinschaft, sondern allen Mitgliedern der Schulfamilie die Tage gefallen haben.

Carina Preller und Brigitte Kötter